Warum der Einsatz von Langzügen auf der S-Bahn Linie S3 die bestehenden Probleme nicht lösen wird.

Als Olaf Scholz Ende 2016 nach #Neugraben-#Fischbek kam um den Bürgern Rede und Antwort zu stehen, war er in der Annahme, dass die größten Bürgersorgen sich rund um die Flüchtlingsfrage drehen. Stattdessen wurden die meisten Fragen zur S-Bahn Anbindung des Stadtteils gestellt. Der Erste Bürgermeister verwies auf die Verbesserung durch die Bestellung von neuen Zügen, die es ermöglichen, bald die S3 im Berufsverkehr durchgängig mit Langzügen (3 gekoppelte Züge) ab Neugraben fahren zu lassen. Auch im Rahmen der Diskussion um die S32 wird auf diese Leistungsauswertung immer wieder verwiesen, zuletzt in einer Antwort auf einer Anfrage der Grünen Bezirksfraktion.

Auf den ersten Blick wirkt diese Leistungsausweitung um 7 Zugfahrten je Hauptverkehrszeit mit einem zusätzlichen Zug (Langzug statt Vollzug) als gute Lösung. Wirft man jedoch einen Blick auf die Zahlen folgt schnell Ernüchterung.

Was bedeuten diese zusätzlichen Fahrten für den Stadtteil?

Eingesetzt werden Züge der neuen Baureihe 490 die bis Ende 2019 geliefert wird. Jeder dieser Züge bringt eine Kapazität von 190 Sitzplätzen und 280 Stehplätzen mit sich. Mithin können also bei 7 zusätzlichen Fahrten in Richtung Hauptbahnhof ca. 3.300 Menschen mehr als bisher transportiert werden. Geht man von den angegebenen 14 Fahrten zur Hauptverkehrszeit aus, so werden diese bisher von einer 2er Traktion der Baureihe 474 durchgeführt. Diese haben eine Kapazität von 514 Personen je Zug, bei 2 Zügen also 1028. Rechnet man 14 Fahrten S3 und 14 Fahrten S31 die parallel in Neugraben fährt so können also theoretisch bisher knapp 28.800 Personen in der Hauptverkehrszeit in Richtung Hauptbahnhof befördert werden können. Die zusätzlichen 3.300 Personen stellen also eine Steigerung von 11% dar und nicht wie in den Medien bisher vorgegeben 20% oder gar 25% (hier wurde wohl nur die S3 allein verglichen ohne die parallel Verlaufende S31 zu berücksichtigen).

Wie viele Fahrgäste kommen zusätzlich?

In einer Verkehrszählung zwischen 2005 und 2009 wurden im Bereich Fischbek / Neugraben / Neuwiedenthal 13.500 Einstiege pro Tag in Richtung Hauptbahnhof gezählt. Bei ca. 41.000 Einwohnern in den anliegenden Stadtteilen Neugraben-Fischbek und Hausbruch bedeutet das eine Quote von 30% der Einwohnern die täglich die S-Bahn benutzen. In den 3 Neubaugebieten Neugraben-Fischbeks werden bis 2023 ca. 12.000 neue Einwohner dazukommen. Dazu kommen weitere Neubauten sowie die etwa 1.500 Flüchtlinge im Stadtteil. Rechnet man mit der bisherigen Quote so wird die nachgefragte Verkehrsleistung allein durch diese Einwohner um ca. 4.000 Plätze in der S-Bahn steigen. Dadurch wird die angebotene Ausweitung der Kapazität durch den Einsatz von Langzügen wieder aufgebraucht, wenn nicht sogar überschritten.

Was bringen die neuen Züge?

Neben deutlichen Komfortgewinnen z.B. durch eine Klimaanlage haben die neuen Baureihen aber auch eine geringere Beförderungskapazität. So hat ein Langzug der Baureihe 490 etwa 132 Sitz- bzw. Stehplätze weniger als ein gleicher Langzug der Baureihe 474. Auf alle 14 Fahrten der Linie S3 in der Hauptverkehrszeit gerechnet kann es so zu einem Kapazitätsverlust von 1.850 Plätzen kommen. Fährt irgendwann die S31 auch mit der neuen Baureihe so kann sich der Verlust auf ca. 3.100 Plätze summieren.

Fazit:

Der durchgängige Einsatz von Langzügen auf der S3 in der Hauptverkehrszeit wird zu einer Kapazitätsausweitung von 11% bzw. 3.300 Plätzen zu der bisherigen Verkehrsleistung führen. Das zusätzliche Angebot wird durch die Nachfrage der Neubaugebiete von bis zu 4.000 Plätzen sofort konsumiert. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass durch das Design der neuen Baureihe 490 bis zu 3.100 Plätze in der Hauptverkehrszeit wegfallen. Bestehende Kapazitätsprobleme in Neugraben-Fischbek werden so bestenfalls konserviert. Eine Entlastung für den Bereich Harburg-Hauptbahnhof ist illusorisch.